Der Schärper
Ein unentbehrliches Werkzeug für den Untertagebau
Bei Wanderungen oder längerem spazierengehen ist es meist ganz nützlich, ein Messer bei sich zu haben. Sei es, um einen Schuhriemen zu reparieren oder ganz einfach die mitgebrachte Verpflegung in mundgerechte Stücke „über den Daumen“ zu zerschneiden. Genauso machte es seit Jahrhunderten der Bergmann, und das Messer, das er dazu benutzte, nannte er eben Schärper.
Über die Schreibweise des Wortes sollte man sich nicht streiten. Es war im Oberharz üblich, Schärper mit einem Ä zu schreiben, obwohl Hardanus Hake, der Wildmanner Pastor und wichtigster Harzchronist des 16. Jahrhunderts, „Scherper“ schrieb, und das Glossar dazu erläutert den Begriff als großes Stechmesser, das die Bergleute führten, um das Gezimmer zu „bestechen“, das heißt zu prüfen. Darauf kommen wir noch zurück. Im Duden findet man das Wort unter T als „Tscherper“, als veraltetem Ausdruck aus der Bergmannssprache für kurzes Messer. Man möge dem Autor verzeihen, daß er sich für diese umständliche und „unharzerische“ Schreibweise nicht erwärmen kann. Wir Oberharzer, als Nachkommen einer ältesten und jahrhundertelang Bergbau betreibenden Bevölkerung, sollten bei der für uns traditionellen Schreibweise bleiben.
Der Schärper war in der Tat für den Bergmann ein unentbehrliches Werkzeug. Das Prüfen des hölzernen Verbaus der Stollen und Schächte war lebenswichtig. Von außen konnte ein solches Holz noch völlig gesund aussehen, während es in der ewigen Feuchtigkeit der Grubennacht innen bereits verfault war. Brach das Gezimmer ein, so war das Leben des Bergmanns verloren. Durch Hineinstechen mit dem Schärper überzeugte man sich von der Zuverlässigkeit.
Auch zum Herrichten der Bergeisen brauchte man den Schärper. Das „Eisen“ war eine Art Keil mit auswechselbarem, hölzernem Stiel, der mit dem „Schlägel“, einem Hammer, in das Gestein getrieben wurde, um es loszubrechen. „Schlägel und Eisen“ sind inzwischen zum Symbol und Wappen des Bergbaus und der Bergleute geworden. Bis zu einem Dutzend Eisen „verschlug“ der Bergmann in einer Schicht, das heißt sie wurden stumpf. Mit dem Schärper konnte der wieder zu verwendende Stiel passend geschnitten werden.
Unentbehrlich war der Schärper zum Einziehen neuer Sprossen („Hespen“) in die Leitern („Fahrten“) im Schacht und in den Bauen. Bis in das vorige Jahrhundert konnte der Bergmann nur mit unendlicher Mühe über Leitern in den Schacht hinein zu seiner Arbeitsstelle und zum Feierabend wieder herauskommen. Wenn er eine Sprosse durchtrat, war er verpflichtet, sofort eine neue einzusetzen. Sprossen lagen auf den Schachtbühnen bereit, sie mussten aber ebenfalls mit dem Schärper zurechtgeschnitten werden. In einer Verordnung des Bergamtes Clausthal von 1850 heißt es ausdrücklich: „Da aber nicht jeder Bergmann eine Axt oder Bahrte führt, so hat sich jedoch ohne Ausnahme jeder Einfahrende mit einem Schärper in guter Scheide zu versehen, um mit Hilfe dieses Messers die Einziehung einer Sprosse doch wohl bewerkstelligen zu können“.
Es ergab sich von selbst, das der Bergmann seinen Schärper auch benutzte, um damit in der Arbeitspause sein Brot mit Beigaben zu verzehren. Über den Daumen geschnitten, wie es noch heute beim Schärperfrühstück – z.B. anlässlich einer Feste – üblich ist.