Weohnas-Reiseführer
von Torben Link

Vorwort:

Weohna. Auch wenn es nicht meine Heimatwelt ist, ich würde sie nie mehr verlassen wollen. Blühende Felder, glitzernde Seen aber auch karge Eiswüsten und unüberwindbare Berge- eine Vielfalt, die das Auge strahlen läßt. Ich befinde mich schon seit Jahrzehnten hier und noch immer faszinieren mich die vielen verschiedenen Kulturen, Länder und Gebräuche, mein Staunen wird erst mit dem Tod enden. Doch was bringt diese Hingabe ein, wenn sie mit dem Tod auf immer vergeht? Ich werde meine Begeisterung  und Rastlosigkeit nutzen, um die Welt zu katalogisieren, zu beschreiben und zu vermessen. Meine Werke sollen Jahrhunderte überstehen, Königreiche kommen und fallen sehen und am Ende von einer Zeit berichten, der sich der älteste Elf nicht mehr entsinnen kann.

Die Magie ist stark auf dieser Welt, sie durchfließt jeden Strauch und jedes Wesen, ob es sich dessen bewußt ist oder nicht. Eine Verbindung zum Land- zur Magie- begünstigt, vielen ist es möglich, die Magie umzuwandeln und zu nutzen. Kein Buch ist Bedingung, kein Verständnis der Magie nötig- der Glaube an die Verbindung zwischen Land und Bewohnern scheint entscheidend. Ich befürchte, nur in dieser Welt gezeugte können über diese Empathie verfügen, mir blieben die Kräfte der Welt stets verschlossen. Von Natur aus scheinen Rassen, die mit der Welt anstatt nur auf der Welt leben, begünstigt zu sein, auch wenn ich dafür noch keinen definitiven Beweis finden konnte.

Ein Zauberkundiger erklärte mir, daß die Fähigkeit, aus hermetischen Formeln tatsächliche Zauberkräfte entfachen zu können, darin liegt, Energie der Welt in seinen Körper hinein zu lassen und dann durch pure Willensstärke umformen zu können. Diese Theorie laß ich jedoch ohne Pflicht zur Zustimmung offen. Psi-Meister berufen sich darauf, daß nur sie mit tatsächlicher Geistesstärke arbeiten würden, ohne dabei auf Komponenten und Hokuspokus zurückgreifen zu müssen. Vielleicht liegt der Konflikt beider Schulen hier begraben- niemand mag die anderen bewundern, jeder haucht nur ein „Scharlatan“ in die Richtung des anderen – zumindest so lange, bis ein Meister einen Kundigen oder umgekehrt in Aktion erlebt hat. Egal, jeder sollte sich ein eigenes Bild machen, es ist aber schon interessant anzusehen, in welchen Ländern welche Art der Kräftenutzung angesehener und populärer ist. Man denke nur an die Nomadi, wo ein magisches Talent als Fluch angesehen wird...

Meine Reise soll in zwei Monden beginnen, Zeit genug, um noch einige Notizen zu meinem zeitigen Standort niederzuschreiben, schließlich befinde ich mich in einer der schönsten Städte überhaupt, nämlich in der

Freistadt Glücksland, der Perle des Westens

Der Seher

 

Reise durch Weohna Teil 1:

Freistadt Glücksland

Die Freistadt Glücksland liegt im Süden des Kontinents Wendor . In dieser Region sind die Sommer sehr warm, im Winter gibt es keinen Frost, auch der Hafen ist ganzjährig eisfrei.

Etwas über 1,5 Mio gezählte Menschen und zivilisierte Humanoide leben innerhalb der Zollgrenzen des Stadtstaates, davon der Löwenanteil innerhalb der Stadtmauern.

Um die befestigte Stadt herum liegen die Gehöfte der Bauern, die, begünstigt durch das Klima, stets mit hohen Ernteerträgen rechnen können. Hauptsächlich wird Getreide angepflanzt und Viehwirtschaft betrieben, schließlich fordert der Stadtrat, daß die Versorgung der Stadt zu jeder Zeit gewährleistet ist. Die Bauern selbst leben auf sehr sicherem Terrain, die Gegend innerhalb der Grenzen ist nahezu monster- und räuberfrei. Dies ist durch die starken Grenzposten des Stadtstaates zu erklären. Tatsächlich hat das Militär der Stadt eine hohe Bedeutung und genießt viel Ansehen, schließlich leben die Glücksländer mit der ständigen Bedrohung durch das südöstlich gelegene Reich Drachkonia, übrigens mein nächstes Reiseziel. Der Reichtum der Stadt machte diese zu einem ständigen Angriffsziel, auch wenn der letzte Konflikt bereits 41 Jahre zurück liegt. Keineswegs hat sich jedoch die Lage zwischen den beiden Reichen verbessert, man haßt sich statt dessen für Jahrhunderte des Krieges. Erst seit ein Bündnis Glückslands mit dem nordöstlich gelegenen Kaiserreich Bastant besteht, haben die offenen Aggressionen seitens der drachkonischen Armee aufgehört. Dieses Bündnis beruht übrigens auf gegenseitiger Hilfe bei einem Angriff Drachkonias auf eines der beiden Staaten, außerdem dürfen die Händler Bastants Waren aus Glücksland mit sehr günstigen Zöllen über die Grenze bringen.

Die starke Armee sichert die Ordnung, die Einhaltung der Gesetze, schlichtet Streit und führt Schläge gegen marodierende Banden und Monster aus. Es gibt jedoch noch eine ganz besondere Einheit der Soldaten, nämlich die Hechte. Diese Organisation wurde vor circa 214 Jahren von Freiherr von Hecht ins Leben gerufen. Sie untersteht ausschließlich dem Herzog, nicht dem Stadtrat. Die Hechte bilden die kriegerische Elite des Landes, welche nur für spezielle und besonders gefährliche Missionen ausgesandt werden. Ihre genaue Zahl ist unbekannt, man weiß jedoch, daß sich auch Priester und Magier unter ihnen befinden. Ihr Stützpunkt liegt nahe der Grenze zu Drachkonia und gilt als uneinnehmbar. Das Volk starrt voller Ehrfurcht auf Mitglieder der Hechte, gelten sie doch als besonders starke, geschickte und herzogtreue Recken. Man erkennt sie sofort an ihrer Uniform: das wehende, samtblaue Gewand, welches einen Teil des stets blank geputzten Harnischs verdeckt, dazu einen Säbel an der Hüfte und einem Visierhelm, der von einer blauen Feder geziert wird. In Glücksland behauptet man, daß auch die Redewendung „du toller Hecht“ auf diese Einheit zurückzuführen ist, das halte ich aber für Unfug. Für Besucher der Stadt sei erwähnt, daß dieser Ausspruch an einen Hecht gewandt als Beleidigung gilt und mit einer saftigen Geldstrafe oder sogar Gefängnis bestraft wird!

Ein Wort zur Kultur: In Glücksland kommen Rassen aus der ganzen Welt zusammen, schließlich ist die Freistadt nicht nur einen Besuch wert, sondern auch ein fantastischer Ort um Geld zu verdienen. Über Jahrhunderte hinweg hat sich in Glücksland keine eigene Kultur entwickelt, somit erscheint gerade die Innenstadt als ein Ort voller verschiedener Baustile und Lebensarten. Während in den Außenbezirken die meisten Bauern nahezu fanatisch hinter ihrem Herzog stehen, zeigen sich die Städter als ein sehr offenes Volk für Veränderungen, sicherlich geprägt durch die ständig neuen Kontakte zu Menschen aus fernen Orten, zu Elfen, Zwergen usw. Trotzdem lieben auch sie zum großen Teil ihre Perle des Südens und den Herzog.

Seit dem letzten Krieg, dem Tana’Ri-Krieg, ist der Zulauf zu den verschiedenen Tempeln und Schreinen wieder drastisch gestiegen, wurden die Einwohner doch auf sehr grausame Art daran erinnert, daß Wohlstand vergänglich ist.

Folgende Tempel kann man in Glücksland besuchen:

Ein Helm-Tempel befindet sich nahe der Herzogsresidenz, wo auch der Rat tagt. Inmitten der Felder um die Stadt liegt ein Haus Chaunteas, der Göttin des Ackerbaus. Innerhalb der Stadtmauern befinden sich Tempel der Götter Selune, Gond und Sune, außerdem auch Schreine der Götter Mask, Milil und Tyr.

Der prächtigste Tempel ist jedoch Tymora, der Göttin des Glücks und Erfolgs, geweiht. Er gilt als DAS zentrale Bauwerk des Priesterkults, dort finden die wichtigsten Weihen, prächtigsten Hochzeiten und rauschensten Glücksspiele statt. Es heißt sogar, daß Tymora selbst einmal dort gespielt hat, und zwar ausschließlich mit den treuesten und wettlustigsten Priestern ihres Kults.

Für den größten Glaubenskonflikt sorgt übrigens der elf Kilometer von der Stadtgrenze entfernte Shar-Tempel. Er wurde in eine gewaltige Klippe hineingebaut, bis unter den Meeresspiegel sollen sich die Gänge der Priesterschaft winden. Oftmals geraten die Priester Shars mit den Anhängern Selunes in einen blutigen Konflikt, doch der Rat ist nicht dazu bereit, einen der beiden Tempel schließen zu lassen, da man einen noch schlimmeren Konflikt zwischen den Kulten rechnen müßte.

Die Stadtführung hat der Herzog Gunther von Sinjoll inne, wobei er jedoch jedes anfallende Ressort von einem seiner Ratsmitglieder leiten läßt. Er überwacht alle Ratsmitglieder und kann jeden Posten mit einem Mann seiner Wahl (neu-) besetzen. 6 Mitglieder sitzen im Rat, unter ihnen seit kurzem auch eine Frau, nämlich Selma Randiago, welche über öffentliche Einrichtungen wie die Tempel oder die Bibliothek wacht.

Glücksland selbst liegt am Rande der Sturmsee, jedoch in einer großen Bucht. Drohen Piratenangriffe oder Krieg, so kann der Herzog auf eine starke und gefürchtete Flotte zurückgreifen. Mehrere Dreimaster ausgerüstet mit modernsten Bordwaffen sind in der Lage, innerhalb kürzester Zeit die Bucht zu verschließen und Gegner effektiv abzuwehren. Wendige Schoner patrouillieren an der Küste und übernehmen die Kontrolle verdächtiger Schiffe. Kein Gegner konnte in den letzten Jahrzehnten über den Seeweg in die Bucht einfallen, dafür verfügen die Mannschaften aber auch nur über wenig Hochseeerfahrung, werden sie doch ausschließlich zum Schutze eingesetzt.

Ihr merkt, ich könnte seitenweise von dieser Stadt berichten, vom schönen Sonnensee im Norden der Stadt, dem fantastischen Bier der Gorak-Brauerei und so weiter und so weiter, doch ich muß weiterziehen. Ich empfehle eine Reise in diese Gegend, man wird es niemals bereuen.

 

Reise durch Weohna Teil 2:

Großkaiserreich Drachkonia

Das geheimnisvolle Dschungelreich im Südosten des Kontinents Wendor ist in vielerlei Hinsicht ebenso fantastisch wie schrecklich. Gegründet wurde es vor unzähligen Jahrtausenden, nach einer weitverbreiteten Legende aus diesem Reich heißt es, dass der sogenannte Ur-Drache Tscher’Wuk dort niederstieg, um die unzivilisierten und wilden Menschen zu entwickeln und zu leiten. Aus Mitleid? Aus Machthunger? Der Geschichte nach, weil der Drache Schutz brauchte, während er sich darüber Gedanken machte, wie er sich fortpflanzen und seinen Nachkommen Glanz und Pracht schenken sollte. Es kam zu einem Bündnis zwischen den Menschen und dem Drachen, welches Jahrhunderte währen sollte. Tscher’Wuk lehrte einigen Menschen die Kunst des geschriebenen Wortes, brachte ihnen die Töpfer- und Baukunst bei und führte später das Goldgeschäft ein. Die Menschen hingegen ehrten ihn und begannen, ihn zu vergöttern. Sie pflegten ihn, errichteten ihm zu Ehren Tempel und Paläste, damit sie weiter unter seiner Herrlichkeit gedeihen konnten. Doch dann verließ Tscher’Wuk seine Menschen, alt, weise und ... mit Nachwuchs! Er kehrte nie mehr zurück.

Ein Krieg brach aus, nach vielen Nächten des Blutvergießens setzte sich die alte Priesterschaft an die Spitze der Macht. Ein alleinregierender Kaiser wurde eingesetzt, sich selbst als „Kind des Großen“ anbeten lassend.

Bis heute hat sich fast nichts in dieser Machtstruktur verändert. Als ich die wunderschöne Hauptstadt erreichte, wurde ich zeuge eines öffentlichen Massengebetes vor den Stufen der gewaltigen Zikkurat, die das Zentrum der Stadt bildet. Es wurde gesprochen von der Rückkehr des Tscher’Wuk, auf die man jeden Tag vorbereitet sein müsse, über die Priesterschaft, welche jeden Tag voller Ehrfurcht und Gedenken an der Urdrachen ein schweres Dasein fristet und das die Stadt rein von Verbrechen und bösen Zungen gehalten werden müsse. In der Wirklichkeit leben jedoch die Menschen in bitterer Armut, während die Priester innerhalb goldener Mauern leben. Sie speisen wie Könige, lassen sich bedienen und regieren mit eiserner Faust. Täglich gibt es willkürliche Hinrichtungen und Festnahmen, die meist in grün-gelb gekleideten Priester sind Richter und Richtende in einer Person. Doch die Menschen leben seit Generationen in diesem System, kennen es nicht anders. Sie akzeptieren Sklaverei, die barbarischen Kämpfe in den Arenen und unterwerfen sich dem Willen der Herrscher.

Der Kaiser hat keinen bekannten bürgerlichen Namen und zeigt sich nur selten in der Öffentlichkeit, doch sobald ein Drache am Himmel erspäht wird, danken die Bürger dem „Kind des Großen“ für dieses Zeichen.

Doch wie anfangs erwähnt, das Kaiserreich hat auch andere Seiten. Die Prachtbauten der Priesterschaft sind überwältigend. Riesig und erhaben ragen sie in den Himmel empor, herrlich verziert und ständig sauber. Die verschlungenen Pfade durch den Dschungel des Landes bieten eine prächtige Flora und Fauna, die ihres gleichen sucht. Hierbei möchte ich darauf hinweisen, dass man nie alleine reisen sollte, ein erfahrener Führer und ein paar Degen sind immer empfehlenswert, denn niemand kann wissen, welche Gefahr der Dschungel gerade bereit hält.

Schreckliche Monster, wilde Eingeborene oder unscheinbare Strudel können schnell das

Reiseglück beenden. Tatsächlich sind Teile des Dschungels noch nie bereist worden oder dürfen nicht durchreist werden, niemand kann ahnen, was sich noch alles unter dem dichten Laubdach der Urwaldbäume versteckt.

Drachen leben natürlich auch in diesem Reich, schließlich werden sie dort verehrt, mit Opfergaben überhäuft und geliebt. Es ist jedoch ein Irrglaube, dass man so einfach in das Reich zieht, fragt, wo denn hier der nächste Drache wohnt und dann zu einer Partie Schach mit ihm aufbrechen kann. Natürlich werden sie geschützt, abgeschirmt und nur zu besonderen Ereignissen „hervorgeholt“. Warum sich die meist farbenen Drachen darauf einlassen? Vielleicht ist an der Gründergeschichte mehr Wahres dran, als man denkt?

Ich möchte euch aber eindringlich warnen: stellt nicht zu viele Fragen, schnell verschwindet man nämlich im Großkaiserreich und wird nie wieder gesehen. Beschäftigt euch, solltet ihr euch in einer Stadt Drachkonias befinden, lieber mit den hübschen Frauen, welche mit ihrem dunklen Teint und verschleierten Gesichtern geheimnisvolles versprechen... Außerdem gibt es großartiges Essen in Drachkonischen Küchen, fragt bloß nicht danach, von welchem Tier welches Fleischgericht stammt, denn in Drachkonia wird viel improvisiert.

Noch etwas zu den Städten: im Aufbau ähneln sie sich alle in einigen Punkten, so hat jede Stadt mehrere Plätze, an denen Handel getrieben wird, und zwar jeden Tag der Woche. Jeder Handelsplatz hat am Rande ein Gebäude, wo ein Priester und mehrere Wachen für die Einhaltung der Gesetze sorgen und mit Verbrechern kurzen aber öffentlichen Prozess machen. Verdeckte Stadtwachen schleichen über den Markt, um Unrecht sofort im Keim ersticken zu können. Außerdem bildet in jeder Stadt das „heilige Viertel“ den Mittelpunkt. Hier befindet sich die Herrscherresidenz, ein großer Tempel mit Versammlungsmöglichkeit und die Anlagen der Priesterschaft. Zutritt zu diesem Viertel besteht nur bei Versammlungen bzw. Feiertagen, die das gemeine Volk miterleben soll, ansonsten ist der ganze ummauerte Bezirk abgesperrt.

Menschen aus Glücksland und Bastant werden kaum einreisen dürfen, ansonsten präsentieren sich ganz besonders die Priester und ihre Truppen als offene und hilfsbereite Personen, zumindest solange man sich von der Pracht des Landes uneingeschränkt angetan zeigt.

Die Regenzeit, welche im dritten und neunten Monat eines Jahres stattfindet, verwandelt den Dschungel in ein noch gefährlicheres Gebiet, während dieser Zeit erkranken auch die meisten Menschen dort, mangels Hygiene brechen sogar Seuchen des öfteren aus.

Für religiöse Wanderfahrten empfehle ich auch ein anderes Ziel, denn hier wird einzig und alleine dem Ur-Drachen und seinem „Kind“ gehuldigt, alle anderen Arten der Götterverehrung werden selten akzeptiert und meistens bestraft. Merkwürdig ist, dass die Priester von Tscher’Wuk tatsächlich Macht erbeten können, doch alle meine Nachforschungen wurden unterbunden, ich verbrachte sogar eine Nacht in „Schutzhaft“. Eine gelungene Einschüchterung.

Doch nun genug über dieses politisch isolierte Reich, gen Norden liegt das Königreich Bastant, in dessen Hauptstadt ich den größten Torm-Tempel Weohnas besuchen werde.

 

Reise durch Weohna Teil 3:

Kaiserreich Bastant

Zur Geschichte: Vor etwa 800 Jahren geschah es: Dunkelelfen bedrohten erstmals in der Geschichte des Kontinents Wendor menschliche Siedlungen und Städte. Mit ihrer List, Brutalität und Macht gelang es ihnen, große Teile um den Dunkelwald, welcher zwischen dem heutigen Reich Bastant und der Konföderation Höllenost und –west liegt, einzunehmen. Damals hieß das heutige Höllenost noch Warkani und war Hauptstadt eines Reichs, welches sich von der Sturmsee bis hin zur Göttergrenze erstreckte. Bastant war nicht mehr als eine junge, aufstrebende Stadt innerhalb des Reichs Warkani, doch als der Krieg gegen die Dunkelelfen ausbrach, sah der damalige Regent der Stadt, Markgraf Heinrich Feingesell, seine Chance gekommen, um die Ablösung Bastants vom Rest des Reiches zu erklären. Während alle Städte des Reiches Soldaten stellten, um die elfische Bedrohung auszuschalten, warb er bei den umliegenden Grafschaften um die Gunst der einflussreichsten Bürger. Nach drei Jahren Krieg gelang es endlich, dank massiver Unterstützung durch Oberflächenelfen und Soldaten anderer Länder, der Bedrohung Herr zu werden. Die Dunkelelfen konnten jedoch die damalige Hauptstadt Warkani plündern und niederbrennen, ebenso erging es der Hafenstadt Burrkan, dem heutigen Höllenwest. Der teure Sieg sollte jedoch dem König Warkanis keine Genugtuung bereiten, denn Markgraf Feingesell hatte mit seinen Plänen Erfolg. Kaum verließen die fremden Truppen das Gebiet Warkanis, rief er das neue Kaiserreich Bastant aus, welches bis auf die geplünderten Städte im Osten alle Ländereien, Grafschaften und Städte beinhalten sollte. Es kam zu einem kurzen Grenzkrieg, dann musste der alte König einsehen, dass seine einstige Macht verflossen war. Sein Sohn, der aufgrund des Freitodes seines Vaters alsbald an die Macht kam, begann damit, die verlorenen Städte wieder aufzubauen, nannte sie jedoch Höllenost und –west, womit er an den schrecklichen Krieg erinnern wollte. Der Markgraf Feingesell, der nun Kaiser Feingesell genannt wurde, wurde von den umliegenden Ländern als souveräner Herrscher anerkannt und gewürdigt, dem Aufstieg seiner Heimatstadt und seines Reiches stand nichts mehr im Wege.

Heute ist das Kaiserreich Bastant mit der gleichnamigen Hauptstadt ein mächtiges und einflussreiches Land, welches fast den ganzen Osten des Kontinents ausmacht. Eine Schwachstelle ist sicherlich die fehlende Wasseranbindung zum Meer, doch durch das Bündnis zu Glücksland konnte eine gute und sichere Lösung dieses Problems gefunden werden. Im Norden liegt die Trollrachenschlucht, ein tiefer Erdspalt von unheimlichen Wäldern und Mooren umgeben. Den Namen trägt die Schlucht zu Recht, denn hier sind Sichtungen von Trollen, Orks und anderen Viechern alltäglich. Zum Schutze der Reisenden und der eigenen Grenzen finden sich entlang der Trollrachenschlucht drei Trutzburgen und ein Fort, in dem mehrere hundert Soldaten immer einsatzbereit sind. Im Osten liegt der Dunkelwald, welcher die Grenze zur Konföderation bildet. Der Gründer des Kaiserreichs sicherte bei der Entstehung seines Landes dem ehemaligen Regenten zu, den Wald nicht einzunehmen, daran wird sich bis heute noch immer gehalten. Im Süden lauert die größte Gefahr Bastants, nämlich das Großkaiserreich Drachkonia. Hier stehen sich die feindlichen Forts praktisch gegenüber, denn keines der Länder will riskieren, auch nur einen Quadratmeter Land an den verhassten Feind zu verlieren. Daher liegen auf dem recht kleinen Grenzstück der beiden Reiche gleich zwei Kasernen, zwei Dörfer, die die Versorgung der Truppen sicherstellen und noch eine kleine Burg.

Bastant selbst zeigt sich weltoffen und diplomatisch, die wohlhabende Stadt am Fuße der Göttergrenze verwehrt nahezu niemanden die Einreise, dennoch fordern die hohen Militärkosten ihren Tribut: wer es im Kaiserreich nicht schafft, Geld zu erwirtschaften, rutscht schnell in die Armut. Bettler säumen die Nebenstraßen der Städte und Bauern, die ihr Gut verlieren, haben kaum noch eine Chance, eine legale Einnahmequelle für sich und ihre Familie zu nutzen.

Ferner, ganz unabhängig davon, von wo man in das Reich einreist, muss man Straßengebühren zahlen. Die vielen Grenzposten vergeben gegen Bezahlung von 3 KM bis 2 PM Erlaubnisscheine, die den Reisenden als legalen Wanderer ausweisen. Der Preis richtet sich nach Stand und Umfang der Reise, so zahlt ein Bauer nur die erwähnten Kupfermünzen, während die reicheren Weinhändler des Landes tief in die Tasche greifen müssen, um ihre Transporte auszuführen. Generell hat der Weinhandel in Bastant eine große Bedeutung, es ist die einzige veredelte Ware, die auch im Ausland Berühmtheit erlangt hat. Sehr zu empfehlen ist „Bastants roter“, ein hervorragender Wein aller erster Güte.

Gestern nahm ich mir die Zeit, den großartigen Tormtempel am Rande der Hauptstadt zu besichtigen. Der Bau gleicht im Grundriss einer riesigen, liegenden Hand, die Fingerspitzen beinhalten im Erdgeschoss kleinere Altare, in den beiden oberen Ebenen liegen in diesen die Schlafquartiere der höheren Priesterschaft. Die Handfläche bietet im Erdgeschoss ungefähr 300 Menschen Platz, um den verschiedenen Zeremonien zu Ehren des Gottes der Loyalität beiwohnen zu können. Ein plätschernder Brunnen neben dem Hauptaltar liefert Wasser aus einer tiefen Quelle, in der Torm einmal gebadet haben soll. Das Wasser dient hauptsächlich der Taufe von Menschen, die in Torm ihren Schutzpatron sehen und sich so unter seinen Schutz und seinen Kodex stellen. Ein etwa 20 m hoher Glockenturm lässt ganz Bastant wissen, wenn ein Gottesdienst ansteht, denn den Klang der gewaltigen Bronzeglocke hallt weit über die Stadtgrenzen hinaus. Die Anhänger Torms werden zum Teil auch in einer kleinen Ausbildungseinheit unweit des Tempels in der Kriegskunst ausgebildet. Selbst Ritter und werdende Paladine erfahren hier was es heißt, ein Mann des Gesetzes zu sein. Aktuellstes Beispiel für einen erfolgreichen Absolventen der Akademie des Schwertes zu Torm ist Sir Branoth von Loradehl, ein Paragorn, der heldenhaftes in den Tana’Ri - Kriegen geleistet hat und jüngst im rauen Norden, der Kleinstadt Clantron, einen eigenen Tormtempel aufgebaut hat. Als der Tapfere den Tempel mit seiner Macht erfüllte, war der Stolz auf Sir Branoths Leistung hier in Bastant deutlich zu spüren, wie man mir berichtete.

Andere Glaubensrichtungen haben es schwer, sich in Bastant zu etablieren, dennoch gibt es auch andere Tempel und Schreine innerhalb des Reichs.  Die Triade ist natürlich zu nennen, Illmatar und Tyr, die Freunde und Gefährten Torms, werden viel verehrt und auch überall akzeptiert, währen Anhänger Cyrics praktisch sofort angegriffen und vernichtet werden. Es ist aber nicht auszuschließen, dass gerade deshalb der verrückte Gott Priester nach Bastant geschickt hat, um eines Tages aus dem Dunkel heraus die verhassten Glaubensgegner zu vernichten. Gerade an den Grenzen und natürlich am Dunkelwald, wo die Dunkelelfen geschlagen worden sind, finden öfters Tempus-Priester zusammen, um dem Gott des Krieges zu huldigen. Es sind jedoch nur Schreine, die sich finden lassen. In der Hauptstadt steht noch ein Oghma-Tempel, der zum Teil als Bücherei dient. Außerdem, in den Fels der Göttergrenze geschlagen, gibt es noch einen Talos-Kult. Die Feste liegt nördlich Bastants und wird stark von Tyr-Priestern bekämpft, wobei natürlich nur politische Mittel genutzt werden, offener Krieg wird nicht geduldet, zumal es dem Kaiser nachgesagt wird, Talos zu bewundern. Auf jeden Fall liefern die grollenden Gewitter und Winde an der Ostseite der Göttergrenze genau das Umfeld, welches der Kult zur Verehrung des Donnergottes braucht.

Nun, zur Bevölkerung sei noch zu sagen, dass man in den höheren Kreisen viel wert auf Kultur und Reichtümer legt. Man gibt sich zivilisiert und stets seinem Stand angemessen, im übrigen Wendor gelten die Bürger Bastants und der Konföderation im Osten als arrogant und vermessen.

Um mir den Dunkelwald anzusehen und dann die beiden Städte der Konföderation zu betrachten werde ich gen Osten aufbrechen, ich habe mich zwei Elfen angeschlossen, die auch in den Dunkelwald zu ihrem Clan reisen wollen...

 

Reise durch Weohna Teil 4:

Die Konföderation

Der Düsterwald! Wäre ich nicht in Begleitung von erfahrenen Waldelfen, ich hätte ihn weiträumig umreist! In den kühlen Nächten hatte ich ständig das Gefühl, beobachtet zu werden, unheimlich Geräusche drangen vehement an meine Ohren...An sich bin ich alles andere als ängstlich, doch mir ist klar, warum dieser Ort seinen Namen trägt. Meine Weggefährten erklärten mir, dass ihr Stamm tief im Wald lebt, fernab der Städte. Sie bekämpfen seit Jahrzehnten die dunklen Mächte, die in diesem Areal leben, doch was genau sich unter dem dunklen Wipfeldach des Waldes verbirgt, wollten sie mir nicht nennen. Wahrscheinlich ist es besser so...

Mein Aufenthalt in Höllenost war weitestgehend unspektakulär, ich sah mir die schönen Gassen der Stadt an, speiste in den verschiedensten Tavernen und erholte mich ganz einfach von der anstrengenden Reise. Der Name Höllenost ist in zweierlei Dingen irreführend. Erstens liegt die Stadt nicht östlich von Höllenwest, sondern südlich, außerdem gleicht die Stadt der Hölle eher weniger. Im Ernst, die Stadt gehört nicht zu den größten des Reiches, sie beinhaltet in Etwa 60.000 Menschen, dafür bietet sie jedoch ein wirklich ruhiges Leben. Um die Stadt herum liegen einige Bauerngehöfte, das maritime Klima gibt der Stadt einen interessanten Flair und die Bevölkerung präsentiert sich zurückhaltend. Menschen von hier lassen Fremde in Ruhe, sie leben vor sich hin und genießen es, eine Außenseiterrolle auf dem Kontinent einzunehmen. Außenseiterrolle? Ja, so ist es, denn kaum ein Herrscher nimmt die Konföderation wahr, sie mischen sich in politische Spiele gar nicht erst ein. Geführt wird Höllenost von Edelmann zu Höllenost Gerhardt von Heinrichs. Er regiert die Stadt aber nur stellvertretend, denn die eigentliche Macht in der Konföderation hat der Magierrat „Audit“ inne. Dieser trat vor etwa zweihundert Jahren ans Tageslicht, es heißt jedoch, dass er schon weit aus länger existiert. Über die wahren Ursprünge ist nichts bekannt, der Sitz der Sekte am Rande Höllenosts gleicht für mich einer uneinnehmbaren Festung. Ihr Schirmherr, Magus Tritjan, tritt auch nur selten in der Öffentlichkeit auf, Von daher scheinen die Bürger der Konföderation gar nicht mehr wahrzunehmen, dass es nicht ihre Edelmänner sind, die sie regieren, sondern ein Magierzyklus. Leider war man nicht bereit, mir Eintritt in die Feste des Audit-Ordens zu gewähren, ich hätte gern einige Fragen dort gestellt.

Generell sind recht viele Magier in der Konföderation sesshaft geworden, denn durch den Rat kommen viele Schiffe in den Hafen, die geheimnisvolle Waren an Land und somit in die Läden bringen. Außerdem gibt es mehrere Händler, die über die Konföderation Waren beziehen, die dann nach ganz Wendor ausgeliefert werden, denn die Zölle der Oststädte sind mehr als milde.

Zwei Tagesreisen nach Norden und schon gelangt man bequem in die kleine Stadt Höllenwest, welche Edelmann zu Höllenwest Gregor van Berhamm stellvertretend führt.
Diese Stadt ist von daher ihrer Schwesterstadt gegenüber benachteiligt, als dass sie keinen Anschluss zum Meer hat. Der Fluss, der die Stadt durchzieht, Ingraman genannt, bietet jedoch die Möglichkeit, Fische zu fangen. Der Fluss teilt die Stadt in zwei ungefähr gleich große Hälften und wird innerhalb der Stadtmauern von acht Brücken überspannt. Alle für sich ergeben kleine Meisterwerke der Konstruktion, viele Steinmetze reisen in ihrem Leben hier her, um diese Bauwerke zu bestaunen. Ansonsten präsentieren sich auch hier die Gebäude gut gepflegt und eher prunkvoll, schöne Schnitzereien und Malereien zieren die verschiedensten Hauswände. Innerhalb der Stadtmauern leben auch eher wohlhabende Personen, Höllenwest beinhaltet auch nur 6500 Einwohner. Dafür leben jedoch viele Bauern um die Stadt herum und nutzen den Ingraman für ihren Anbau bzw. ihre Saat.

Für mutige Leute sei hier noch ein besonderer Ort erwähnt: das Feld der Verachteten! Es liegt unterhalb der Oberfläche, zu erreichen über einen Höhleneingang, der an der Ostseite des Düsterwalds liegt. Tatsächlich gibt es sogar einen Pfad, der direkt zur Höhle führt, denn gehandelt wird auf dem Feld der Verachteten alles, was es zu kaufen gibt, und alles, was darüber hinaus geht...

 Bewacht wird der Höhleneingang von verschiedenen Humanoiden, manchmal sind es Menschen, die zu einer Karawane gehören, die zum Feld reist, manchmal sind es Gnome, die seltene Kristalle von ihren Tiefengenossen kaufen wollen. Kurz: jeder hält seinem Partner oder Auftraggeber den Rücken so gut frei, wie es irgend geht. Das eigentliche Feld liegt ungefähr 800m unter der Erde und ist nur eine große Höhle, von der aus verschiedene Tunnel wegführen. Sie leiten einen entweder an die Oberfläche oder weiter ins Unterreich, ganz nachdem , was man bevorzugt. In der gewaltigen Höhle sind verschiedene Stände und Zelte aufgebaut, in denen man mit den verschiedensten Händlern reden kann. Es gibt Goblinsklaven, Duergarstahl, Tiefenkristalle, Honig der Oberfläche, Feenwein und auch sonst alles, was man sich erdenken kann. Nur leider sind auch die Preise wahnwitzig hoch, gerade wenn man es auf bereits verzauberte Gegenstände abgesehen hat.

Ich würde es jedem raten, dort unten keinen Ärger zu verursachen, denn Gewalt ist dort verboten, so unglaublich wie es auch klingen mag. Wer offen einen Kampf provoziert, wird wahrscheinlich Sekunden später tot zusammenbrechen, ganz egal, welcher Rasse er angehört. Ich selbst konnte bei einem Düsterzwerg fantastischen Stahl erwerben, ich werde mir ein prima Kurzschwert daraus anfertigen lassen.. .nichtsdestotrotz war meine Freude groß, nach drei Stunden des Verhandelns die Sonne wiederzusehen, dass sei mir geglaubt!

Ein wirklich schöner, besinnlicher Aufenthalt hier in den Städten der Konföderation.

Ich werden mir wohl noch etwas Zeit nehmen, um mich auf meine nächste Etappe vorzubereiten, denn erst werde ich nördlich am Düsterwald vorbei zurück nach Bastant reisen müssen, um dann durch die Trollrachenschlucht nach Clantron zu gelangen. Es ist eine von drei Kleinstädten, die erst vor zwei Jahren einen schrecklichen Krieg gegen Orks gewinnen konnten. Und dann wird es auch schon Herbst sein, eventuell werde ich dort überwintern müssen...

 

Reise durch Weohna Teil 5:

Die Trollschlucht

Liebe Leser, ich bin froh, noch unter euch weilen zu können!

Nachdem ich die Grenze zu Bastant überschritten hatte, ritt ich mit meinem treuen Reittier gen Norden, um nach Dreistädte zu gelangen. Alles verlief wunderbar, ich traf einen Händler namens Firenco, ein wohlbeleibter Weingutbesitzer, der ebenfalls das Fort Sadria anfuhr, um dort seine Waren anzupreisen. Das Fort ist der nördlichste Punkt Bastants, direkt dahinter erstreckt sich das riesige Moorfeld, der Ogermaul-Sumpf, welches die Trollschlucht gespenstisch verbirgt. Firenco war mit seiner Leibgarde und drei Planwagen unterwegs, ich fühlte mich sicher. Außerdem, was mich besonders freute, verlangte er kein Gold von mir, obwohl ich seinen Schutz beanspruchte. Für wahr, wahrscheinlich erkannte er, dass ich Magier bin und ihn somit bei einem Überfall wertvoller sein könnte als seine Recken.

Zumindest zogen wir flugs zum mächtigen Fort, es gab keinerlei Probleme. Das Fort, aus dicken Granitblöcken und Felsen erbaut, beherbergt mehrere Hundert Degen, die meisten mit Kampferfahrung. Es passiert oft, dass Orks, Trolle, Goblins oder andere Dinger aus dem Sumpf vordringen, um Schätze, Nahrung oder einfach nur den Kampf zu suchen, doch seit Jahrzehnten ist das Fort unüberwunden! Dies mag auch daran liegen, dass mehrere Kampfmagier das Fort Sadria bewohnen, um dort im Namen des Kaisers für Verteidigung zu sorgen.

Truppen zum Schutz der nach Norden ausreisenden Händler werden selten entsandt, dafür gibt es ja auch genug Mietlinge, sogar zwergische Axtsöldner und elfische Waldläufer lassen sich in der großen Schenke innerhalb des Forts finden.

Nachdem ich die Nacht auf einem alten Feldbett in der Schenke verbracht habe, brach ich bei Sonnenaufgang auf, um mich in Richtung Dreistädte zu begeben. In der Regel kann man den Weg durchs Moor in sechs Tagen bewältigen, drei Tage dieser befindet man sich im inneren der Schlucht.

Zu meinem Schutz heuerte ich nur vier Recken an, schließlich bin ich selbst ein besungener Magier, der sich seiner Haut zu wehren weiß. Dennoch, von Stunde zu Stunde innerhalb des Moors wuchs meine Angst in Anbetracht des Ortes, auf den ich mich zugbewegte. Auf der an Bastant angrenzenden Moorseite ist es noch relativ einfach gewesen, sich fortzubewegen, doch dann erreichten wir die Schlucht, bei deren Anblick mir ein kalter Schauer den Rücken hinablief. Über wohl mehrere hundert Kilometer erstreckt sie sich von Westen nach Osten, von der Göttergrenze bis zur Ostküste der Sturmsee. Gigantische Felsen ragen wie reißende Zähne aus dem Boden am Rande des Schlund empor, unheilvoll und düster erscheinen sie nicht nur bei Dunkelheit. Der eben noch breite Händlerpfad schlängelt sich unzählige Meter weit nach unten, um die Passanten auf den Boden der Erdspalte zu führen. Wie weit man tatsächlich den Weg nach unten beschreitet, kann ich schwer sagen, denn wenn man oben am Rande des Schlunds steht, kann man weder die gegenüberliegende Seite noch den Boden der Schlucht ausmachen. Ständig hängen Nebelschleier in diesem Gebiet, kein einziger heller Sonnenschein kann wohl auf den Grund der Spalte ungehindert vordringen.

Trotzdem, wir wagten den Abstieg, wohl wissend, zwei Nächte in dieser Schlucht zubringen zu müssen.

Klar, es gibt an dem Trampelpfad, den die Reisenden benutzen, Höhlen, die oft als Unterkunft benutzt werden, dass Problem ist jedoch, dass auch die intelligenteren Humanoide wissen, wo sich die besten Unterschlüpfe verbergen. Und wenn sie nun Appetit und Mut zusammenbringen, und sich dazu entschließen, den Pfad abzusuchen, dann kommt man sich in einigen Höhlen wohl eher wie in einem Fresskäfig vor...

Wir nutzten in den Nächten meine magische Schutzhütte, um unsichtbar und mehrere Meter über dem Boden schlafen zu können, dennoch hielten wir immer zu zweit Wache. Oftmals sahen wir düstere Schatten unter unserer Hütte Längshuschen, riskierten aber keinen genaueren Blick auf die Wesen, welche in der Dunkelheit hervorkamen.

Wir kämpften bei Tage, wobei erwähnt sei, dass auch am Tage nicht sonderlich hell wird, „nur“ gegen primitivere Monster, so am ersten Tag zum Beispiel gegen eine Jagdsippe von vierzehn Bullywugs, Ein wirkliches Problem bereiteten uns jedoch einige Trolle, die mir in ihrer Art bis jetzt noch absolut unbekannt waren.

Schemenhaft konnten wir das Ende der Schlucht bereits ausmachen, als neben uns vier Trolle aus dem Unterholz brachen! Vier Trolle, eine schwere, aber noch lösbare Aufgabe! Die Söldner bildeten einen Kreis um mich und hielten die fanatisch kämpfenden Abscheulichkeiten von mir fern. Sekunden später flogen die ersten Flammenpfeile auf einen der Unholde. Natürlich streckt es diesen zu Boden, er war Vergangenheit! Die anderen Trolle schreckten jedoch nicht zurück, obwohl ihr Gefährte in einem Flammenmeer aufging, sondern griffen noch erbarmungsloser an! Noch während ich meinen nächsten Zauber vorbereitete, zerfetzten zwei Trolle in Zusammenarbeit einen meiner Söldner. Ein entscheidender Augenblick: laufen die restlichen Mietlinge weg oder kämpfen sie? Meine kämpften, doch ein Augenzwinkern später erstarrten sie... ein an die vier Meter große Troll von grüner Haut und dunkelgrüner Haarfarbe kam aus dem Nebel gerannt, dicht gefolgt von einem weiteren! Sie trugen beide riesige Kettenhemden und schwangen gigantische Schwerter, außerdem brüllten sie ohrenbetäubend!

Ich erkannte, dass diese Trolle nicht gewöhnlich waren und wägte meine Chancen ab. Ich entschloss mich dazu, die Flucht nach oben zu wählen, denn gegen diese eindrucksvollen Hünen erschien ich zusammen mit meinen Männern doch mehr als machtlos. Ich flog nach oben und in diesem Augenblick zerschmetterten die Grüntrolle alle drei übriggebliebenen Söldner, ohne auch nur den Hauch einer Gegenwehr gespürt zu haben. Und als mein Feuerball in der Mitte der Feinde explodierte, sah ich noch etwas unglaublicheres! Die normalen Trolle schrieen quiekend auf und sprangen in Deckung, die anderen beiden jedoch blickten nüchtern zu mir nach oben, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Als dann magische Geschosse auf mich geworfen wurden, von wem konnte ich leider nicht erkennen, der Nebel war zu dicht, flog ich nur noch weg. So schnell ich nur irgendwie konnte probierte ich, den Hang zu erreichen, der das Ende der Schlucht markierte, und tatsächlich, ich kam lebend an! Ich flog das Ende der Schlucht hoch, einige Meter unter mir den Pfad der Reisenden überprüfend.

Ohne Reittier, welches ich natürlich zurücklassen musste, und ohne Mietlinge setzte ich meinen Weg fort, doch brauchte nun ganze weitere vier Tage, um mein Ziel, das Ende des Sumpfes, zu erreichen. Glücklicherweise lasse ich meinen Rucksack immer aufgeschnallt, so dass ich wenigstens etwas Proviant und mein Zauberbuch dabei hatte, ansonsten weiß ich nicht, was ich hätte machen sollen.  Mehrmaliges Anwenden des Zaubers Fliegen halfen mir dabei, mich in den wässrigen Regionen nördlich der Schlucht fortzubewegen, dennoch war die Reise anstrengend und voller Gefahren, schließlich ist der Sumpf niemals so friedlich, wie er erscheinen mag. Ich sehnte mich so nach meinem Heim in Glücksland, der warmen Luft, dem angenehmen Meergeruch, statt dessen hatte ich nur Moskitos im Überfluss. Ich zog es sogar in Erwägung, meinen Teleportationszauber zu benutzen, doch dieser war es, der mich nach Weohna brachte, von daher habe ich mir geschworen, ihn nicht mehr anzuwenden. Glücklicherweise konnte ich dieser Versuchung widerstehen, denn am Rande des Sumpfes traf ich auf eine Soldatenpatrouille Clantrons, die mich mit in ihre vom kürzlich beendeten Krieg gezeichnete Stadt nahm.

In wenigen Tagen werde ich wohl dazu kommen, mich aus meinem Bett zu erheben, um die umliegenden Lokalitäten zu betrachten, im Augenblick ist mein Körper jedoch noch zu sehr von einer Sumpfkrankheit geschwächt.

Danke Tymora, dass ich meine Reise fortsetzten darf...

 

Reise durch Weohna Teil 6:

Dreistädte

Wie bin ich doch froh, wieder auf den Beinen zu sein! Das Sumpffieber in mir wurde so stark, dass ich mein Zimmer im Clantroner Gasthaus „Händlers Rast“ nicht mehr verlassen durfte, statt dessen besuchte mich der Hohepriester der Stadt, um mich zu heilen und von meiner Krankheit zu befreien. Er wusste, dass sich das Fieber verbreiten könnte, wenn ich nicht Heilung erfahren würde, und somit nutzte er seine von Torm gegebene Kräfte zum Wohle der Stadt. Kein geringerer als Sir Branoth von Loradehl war es, der mich in meinem Zimmer besuchte! Doch wie erschrak ich, als ich ihn zu Gesicht bekam! Noch vor wenigen Monaten soll er ein starker Mann mittleren Alters gewesen sein, doch nun zittern seine Hände leicht und sein Blick schweift oftmals, wenn auch nur für sekundenbruchteile, ins Leere ab.

Es ist noch nicht lange her, da lag die Kleinstadt Clantron in Schutt und Asche.

Orks, stark vermehrt durch die friedliche Jagdzeit, in der sich die Elfen um Tana’Ris und Untote an den Küsten Weohnas kümmern mussten, fielen in Dreistädte ein.

Dreistädte besteht aus den Orten Clantron, der größten Ortschaft, Sadra und Zora’Ab. Sie hatten aller größte Mühe, die Orks abzuwehren und tatsächlich hörten die wilden Humanoiden erst auf, die Menschen zu jagen, als sie bereits Sadra und Zora’Ab dem Erdboden gleich gemacht hatten. Auch in Clantron waren die Verluste verheerend, nur die Burgmauern hielten den Orks stand! Der Lordkönig Domrin Pandramos kam in letzter Sekunde von einem Schlachtfeld zurück, um seine Burg aus den Fängen des Bösen zu befreien. Es folgte eine Zeit des Wiederaufbaus, aber auch des Hungers und Massensterbens. Wärend im Süden des Landes alle Kräfte gebunden waren mussten die Nordmänner der Dreistädte sehen, wie sie ihre Kornspeicher wieder auffüllen können. Durch Hilfe einiger Abenteurer, unter ihnen Sir Branoth, konnte ein Versuch vereitelt werden, durch den Lordkönig Pandramos seine Macht verloren hätte.

Und nun schließt sich der Kreis, denn aus Dank für die Bewahrung des status quo wurde es Sir Branoth gestattet, einen Torm-Tempel in Clantron zu errichten. Dieser erstrahlt wunderschön über den Dächern der Stadt, doch dann galt Branoth als verschollen. Als er wiederkehrte, war er ein gealterter, schreckhafter und schwacher Mann, erst nach Wochen traute er sich wieder auf die Straßen der Stadt! Was genau passierte mochte mir niemand erzählen, auf jeden Fall scheint er sich langsam wieder zu erholen- er muss schreckliches gesehen haben! Doch Torm steht ihm bei und die Stadt kann einen Ort der Kraft gebrauchen, denn noch immer herrscht Hunger. Orks überfallen öfters Stallungen, Gehöfte und Händler, man kann ihnen kaum Herr werden, denn faktisch ist die kleine Armee Clantrons alles, was Dreistädte an Degen noch zur Verfügung hat. Betrachtet man die Fläche des Bundes ein kleiner Scherz!

Zora’Ab liegt dem Sumpfgebiet am Nähesten, ist aber die unwichtigste Siedlung im Bund. An die Ortschaft grenzt ein künstlich angelegter Wald, der nur geschaffen wurde, um für stetigen Holznachschub sorgen zu können. Besonders wichtig ist dies für die Schiffsbauer im nördlichen Sarus, denn diese beziehen ihre Rohstoffe ausschließlich von ihrem Bundespartner. So traurig es ist, seit dem Krieg ist Zora’Ab nur noch als Siedlung zu bezeichnen, man munkelte sogar von einer Auflösung der Gemeinschaft, die nun jedoch vom Tisch zu sein scheint.

Sadra ist die jüngste Ortschaft der drei. Sie wurde am Meer errichtet und wird oftmals von Walfängern als Hafen bzw. Aufenthaltsplatz genutzt. Sowieso heißt es, dass man dort die härtesten Fänger der Meere heuern kann und tatsächlich will ich diesem Ruf nicht widersprechen.

Clantron selbst besitzt eine wirklich interessante Vergangenheit. Die Burg mit der dazugehörigen Ortschaft liegt an einem Ausläufer der Göttergrenze und besitzt eine Mine, die einstmals von Zwergen errichtet worden ist. Vor einigen Monaten, als Sir Branoth diese Stadt als Held betrat, wurde ein neuer Minenteil durch Zufall entdeckt. Dieser ist für wahr aber ein ganz besonders alter Abschnitt, der nur über Jahrhunderte verschüttet lag und noch von der Zeit der Zwerge zeugt. Mächtige Säulen und riesige Hallen dienten wohl einst als Thronsaal, doch weitere Teile der einstigen Feste bleiben wohl auf ewig verschüttet. Fraglich ist nur, warum die Zwerge ihre Minen verließen, nur wenig ist darüber bekannt. Gängig ist zum Einen die Erklärung, dass die Mine zu unrentabel wurde, aber auf der anderen Seite hält sich das Gerücht, dass Dämonen versehentlich bei einer Bohrung durch die Zwerge freigesetzt worden sind, die dann die Zwerge zum Sterben verurteilten. Die Wahrheit wird man wohl nie mehr rekonstruieren können, selbst Zwerge werden nicht so alt, um noch von der Zeit der Minennutzung berichten zu können!
 

Nun gut, der Winter wird bald hereinbrechen und ich werde mich wohl an den Gedanken gewöhnen müssen, die nächsten Wochen hier zu verbringen. Tatsächlich ist es wirklich gar nicht so übel in Dreistädte, gebt diesen Ortschaften eine Periode ohne Krieg und schon wird hier wieder alles in neuem Glanz erstrahlen, denn die Nordmänner lassen sich selten von Zerstörungen langfristig unterkriegen.

Außerdem lebt hier ein uralter aber besonders mächtiger Elfenmagier, ein Vertrauter und Freund des Lordkönigs. Sein Name ist Gwydion und tatsächlich ist er einer der wenigen Zauberkundigen, der es geschafft hat, einem Zwergen das Zaubern beizubringen. Ich hoffe, dass er es schafft, mir endlich den „Kontakt zu anderen Ebenen“-Zauber beizubringen, denn dies ersuche ich schon seit Jahren...

Möge euch ein angenehmer Winter bevorstehen, erwärmt euch an Grog und der weißen Schneepracht draußen, während ein loderndes Feuer in eurem Kamin knistert!